1807 – 1936
Sachsens älteste Verbindung
Studenten aus der Lausitz stifteten das Corps Lusatia am 7. September 1807 an der Universität Leipzig. Die Mitglieder stammten zunächst überwiegend aus der Ober- und der Niederlausitz, aus Schlesien und Anhalt-Dessau. Bald gehörten ihm Studenten aus allen Teilen Deutschlands und auch ausländische Kommilitonen an. Lusatia unterstützte die nationalen und liberalen Ideen der „Urburschenschaft“ und nahm 1817 am Wartburgfest teil, widersetzte sich aber der zunehmenden politischen Radikalisierung und dem Alleinvertretungsanspruch der Burschenschaft. Als Gegengewicht gründete es mit Gleichgesinnten 1821 auf der Rudelsburg den Allgemeinen Senioren-Convent Jena-Leipzig-Halle und 1848 den Kösener SC-Verband (KSCV) als Dachverband der Corps aller deutschen Universitäten.
Lusatia beteiligte sich maßgeblich an allen Aktivitäten der Leipziger Studentenschaft, insbesondere während der politischen Unruhen des Vormärz. Das Corps trat für die Erhaltung der eigenständigen akademischen Gerichtsbarkeit ein und wirkte 1911 an der Gründung des ersten Allgemeinen Studentenausschusses (AStA) der Universität Leipzig mit.
Alte Herren des Corps Lusatia gehörten als Vertreter unterschiedlicher politischer Richtungen der Nationalversammlung in der Paulskirche, den Reichstagen des Norddeutschen Bundes, des Kaiserreiches und der Weimarer Republik sowie den Parlamenten deutscher Länder an. Die Kriege 1813/15, 1866, 1870/71 und die beiden Weltkriege und ihre Folgen fügte dem Corps schwere Verluste zu.
1937 – 1946
Lusatia im dritten Reich
Nach dem seit 1807 ununterbrochenen Bestehen führten Auseinandersetzungen mit dem NS-Studentenbund 1934 zu einem Verbot des Corps, dem es sich erfolgreich widersetzte. Nach der offiziellen Auflösung 1936 setzte es seine Tradition in der „Kameradschaft Markgraf von Meißen“ getarnt fort. Während des II. Weltkrieges führten Soldaten der Studentenkompanien das Corpsleben unter dem Namen „Misnia“ an der Universität Leipzig weiter und fochten Mensuren im geheimen Leipziger Waffenring. Nach ihrem Versuch, 1944 auch den Kösener SC-Verband auf der Rudelsburg neu zu gründen, leitete die Gestapo ein Verfahren wegen Hochverrats ein.
1947 – 1990
Da sich ein Weiterleben unter dem kommunistischen Regime in Leipzig als unmöglich erwies, setzten die aus der Kriegsgefangenschaft entlassenen Aktiven den Corpsbetrieb 1946 an der Universität Erlangen fort, mißachteten die alliierten Verbote und trugen zur Wiederbelebung des Korporationsstudententums nach dem Kriege bei. Auch in Erlangen arbeiteten Aktive in der studentischen Selbstverwaltung mit. Die Wiedereinführung des Wintersports durch regelmäßige Skiferien in den Bayerischen Alpen festigte das Gemeinschaftsleben.
Um die Verbindung mit den in der DDR ausharrenden Corpsstudenten zu festigen und seinen Nachwuchs aus diesem Teil Deutschlands zu sichern, verlegte das Corps 1958 den Sitz nach Berlin (West). Regelmäßig führte es Treffen in Leipzig durch, bis der Mauerbau 1961 es vollständig von der Heimat trennte. Aktive der Lusatia gehörten zu den „Tunnelbauern“, die Flüchtlinge aus der DDR in den Westen schleusten. Das Segeln mit dem eigenen Jollenkreuzer auf der Havel und dem Wannsee bereicherte das Corpsleben in Berlin. Während der „Studentenrevolte“ griff Lusatia mehrmals in die hochschulpolitischen Auseinandersetzungen ein und erzwang 1968 durch Gerichtsurteil die Anerkennung der waffenstudentischen Verbindungen an der Freien Universität Berlin. Als radikale Gruppen 1968/69 und 1973 gewaltsam den Universitätsbetrieb störten, stellten auf Initiative des Corps Lusatia die Berliner Korporationen ihre Häuser den arbeitswilligen Studenten für Klausuren und Seminare zur Verfügung. Lusatia übernahm zweimal den Vorsitz im Corporationsring Berlin (über 30 Verbindungen) und führte 1986/87 für Berlin den Vorort des Kösener SC-Verbandes.
seit 1990
Nach der politischen Wende kehrte Lusatia 1990 an seine Heimatuniversität Leipzig zurück. Zu den ersten Aktiven gehörten Studenten, die sich bereits in der DDR für den Wiederaufbau des Korporationsstudententums eingesetzt hatten. Im März 1991 fochten Lausitzer die ersten Mensuren nach dem II. Weltkrieg in Leipzig. Mehrere Semester lang bildete eine „besetzte“ Wohnung in der Südvorstadt den Stützpunkt des Corps, bis das Engagement der Alten Herren den Einzug in ein eigenes Haus ermöglichte.
Seit 1993 führt das Corps auch die Tradition der 1832 in Breslau gestifteten Lusatia weiter, die bis dahin im Exil in Köln bestanden hatte. Die Breslauer vereinigten sich mit den Leipziger Lausitzern zur gemeinsamen Lusatia. Zum Semesterprogramm der Lusatia gehören Fahrten nach Breslau, dessen Universität durch einen Partnerschaftsvertrag mit der Universität Leipzig verbunden ist.
Im Wintersemester 2005 wurde das heutige Corpshaus in der Karl-Heine-Straße eingeweiht, das bis heute den Mittelpunkt des Corpslebens ausmacht und Anlaufstelle für gleichermaßen Aktive, Alte Herren und Gäste ist.